Frauen und Asperger

Asperger Frauen

Ich habe schon oft gehört, dass es schwieriger ist das Asperger-Syndrom bei Frauen zu erkennen und, dass sich Asperger oft etwas anders in Frauen zeigt. Ich dachte mir, ich lese mal mehr darüber und fasse das für euch zusammen. Das wird jetzt natürlich keine offizielle Liste mit Symptomen, an denen man Autismus erkennen kann, sondern einfach eine Sammlung von Eigenschaften, die ich bei mir selbst auch wiedererkenne.

Viele sagen, dass man Asperger bei Frauen öfter übersieht als bei Männern. Darüber habe ich schon in meinem Beitrag „Frauen schauen sich viel ab“ geschrieben und ich glaube tatsächlich, dass sich weibliche Autisten leichter tun so zu tun als ob sie wie alle anderen wären. Ich war zumindest mein ganzes Leben lang ziemlich gut darin.

Was man sonst noch oft hört, ist einerseits, dass Frauen mit Asperger besser darin sind über Gefühle zu reden als Männer. Andererseits werden Autisten aber trotzdem oft als gefühlskalt wahrgenommen. Auch wenn sich das nach Gegenteilen anhört, kenne ich beides von mir selbst. Ich war zwar früher nicht besonders gut darin über Gefühle zu reden. Aber jetzt kann ich es eigentlich ziemlich gut. Manchmal rationalisiere ich bestimmte Gefühle aber und wenn sie für mich keinen Sinn machen, zeige ich sie natürlich auch nicht so sehr. Dann können andere denken, dass ich keine Gefühle habe und gefühlskalt bin.

Manche sind sehr sensibel

Andere Eigenschaften von weiblichen Autisten können sein, dass sie sehr sensibel sind und leicht zum Weinen anfangen, wenn sie einen Meltdown haben. Ich reagiere so gut wie immer mit Weinen, egal ob ich sehr sauer und enttäuscht, traurig oder überfordert bin.

Viele Frauen mit Asperger werden als schüchtern angesehen. Das war bei mir als Kind sehr extrem. Ich habe mich immer hinter meiner Mutter versteckt und nicht mit Fremden geredet. Mehr darüber, wie ich als Kind war, habe ich in meinem Beitrag „Bin ich anders?“ geschrieben. Ich wurde aber nicht nur früher als schüchtern wahrgenommen, sondern das ist immer noch so. Ich glaube, es liegt am meisten daran, dass ich oft nicht weiß, was ich zum Beispiel mit Fremden reden soll.

Anscheinend sind weibliche Autisten am liebsten Zuhause oder an einem anderen Ort, wo sie sich genauso sicher fühlen. Für mich ist das auf jeden Fall so. Es kommt mir so vor, als wäre ich Zuhause einfach ganz genauso wie alle anderen. Probleme gibt es erst, wenn ich unter Leute gehe und draußen bin.

Wenn ich zu einem Termin muss oder zu einem neuen Ort, ist es dann echt so, dass ich mich schon Tage davor darauf vorbereite und ewig darüber nachdenke. Ich will am liebsten ganz genau wissen, wo ich hinmuss. Wenn es in der Nähe liegt, kann es gut vorkommen, dass ich am Tag davor schon mal daran vorbeigehe. Ansonsten schaue ich mir auf jeden Fall auf Google Maps an, was es für ein Ort ist. Auch wenn ich oft froh bin einfach nur daheim zu sein und nicht raus zu müssen, kommt dann aber auch oft ein schlechtes Gewissen. Ich denke dann, dass ich eigentlich draußen sein sollte und etwas unternehmen sollte.

Essstörungen

Was auch typischer für Frauen als Männer mit Asperger bzw. Autismus ist, ist, dass manche auch eine Essstörung haben. Ich hatte jahrelang selbst eine Essstörung. Ich habe auch schon hier auf meinem Blog in „Essstörung und Selbstverletzung“ ein bisschen darüber geschrieben. In ein paar Wochen soll ich auch an einer Studie teilnehmen, die sich den Zusammenhang zwischen Autismus und Essstörungen genauer anschaut.

Was man meiner Meinung nach auch bei Essstörungen merkt, ist, dass wir Frauen mit Asperger oft versuchen Stress oder Gefühle durch Regeln zu kontrollieren. Wenn einen Gefühle überfordern, hören viele Essgestörte zum Beispiel zum Essen auf. So war es zumindest bei mir.

Was mich auch sehr an mich selbst erinnert hat, war, dass sich viele weibliche Autisten anscheinend Dinge selbst beibringen. Ich war schon immer sehr selbstständig, wenn ich für die Schule gelernt habe. Aber was ich mir wirklich fast ganz alleine beigebracht habe, ist Dänisch. Ich habe so gut wie die ganze Grammatik gekonnt, bevor ich nach Dänemark gezogen bin und den Rest habe ich dort dann nur durch Hören und Aufgaben gelernt.

Das ist jetzt keine komplette Liste und manche Sachen treffen bestimmt auch auf Männer mit Asperger zu, aber ich fand es wirklich interessant mich so sehr in diesen Dingen wiederzuerkennen, als ich davon gehört habe, und wollte das mit euch teilen 🙂

10 Kommentare zu „Frauen und Asperger“

  1. Elisabeth Thaler

    Meine Liebe!
    Alles was du sagst trifft zu 100 Prozent auf mich zu. Ich schätze mich nicht als gefühlskalt ein, aber ich wirke so. Sicher: Ich habe einen männlich planenden Geist, aber das ist nicht alles. Ich kann Liebe wahrnehmen – aber ich kann sie nicht angemessen zeigen. Das ist ein schweres Kreuz. Du willst hin zu anderen, aber der Weg ist nicht der richtige. Es ist schrecklich.

  2. Hi Nici,
    ich erkenne mich in deinen Beschreibungen auch wieder. Ich habe eine Verdachtsdiagnose und durchlaufe gerade die Testung, aber ich befürchte, dass ich durch meine Kompensationsstrategien zu “normal” wirke und deswegen durch das Diagnose-Raster falle… das belastet mich sehr, weil ich trotzallem große Probleme im Alltag habe…

    LG Melanie

    P.S. Ich kann das Buch “Aspergirls” empfehlen!

    1. Hi 🙂
      Ich hatte deswegen auch Bedenken, aber meine Psychologin hat sich doch relativ gut ausgekannt und hat selbst gesagt, dass es schwieriger ist Frauen zu diagnostizieren. Viel Glück wünsche ich dir auf jeden Fall!

      Das Buch hat meine Mutter vor kurzem gelesen. Sie fand es nicht so gut. Aber ich habe schon oft Gutes darüber gehört. Da bin ich mal gespannt, was ich davon halte 🙂

  3. Hallo Nici,
    wirklich allem in diesem Beitrag kann ich zustimmen, da es bei mir ebenfalls so ist. Ich habe allerdings (noch) keine Diagnose, da die Diagnostikerin meint, ich wirke auf sie eher traumatisiert & ängstlich als autistisch.

    Es beruhigt mich, dass ich nicht die einzige bin, bei der sich Overloads/Meltdowns hauptsächlich in Weinen äußern.

    Liebe Grüße
    Svö

    1. Hallo Svö,
      Es ist wirklich komisch zu hören, dass es doch so viele Leute gibt, denen es wie mir geht. Aber wie du sagst eben auch beruhigend 🙂

      Liebe Grüße,
      Nici

  4. ich erkenne mich zum größten Teil wieder. Ich muß sagen ich kann gut schauspielern. Ich habe mir angewöhnt so zu reagieren wie es von mir erwartet wird, Freude zu zeigen wo nur Gleichgültigkeit da ist, Gefühle zu zeigen die ich nicht habe usw. Mittlerweile belastet es mich nicht mehr, Ich bin halt so. Es belastet aber die Menschen die ich wirklich liebe da sie meist auch nur die kalte Fassade seh

  5. Ich erkenn mich auch in vielem wieder. Am besten ging es mir damals, als ich wirklich jede Stunde an meinem Tag planen konnte. Das geht jetzt leider nicht mehr so, da ich ein ebenfalls autistisches Kind habe und ich niemanden habe, der wirklich Verständnis für uns und unsere Art hat. Eine Partnerschaft ist für mich schwer, weil ich Nähe nicht gut ertrage. Nur mein Sohn darf mich immer knuddeln 🙂

  6. Hallo ihr Lieben, meine Halbschwester ist mit einem Asperger verheiratet, sie haben einen Sohn, der offensichtlich auch Asperger ist. Beide kommen im Leben gut zurecht. Der Mann hat erst durch den Sohn seine Diagnose bekommen, ansonsten hätte man ihn allerhöchstens für etwas eigenwillig, aber nicht wirklich auffällig empfunden. Die Tochter hat kein Asperger.

    Jetzt ist mir halt aufgefallen, dass die Tochter recht “gefühlskalt” wirkt und bei Familienfeiern immer nur das Nötigste spricht. Sie scheint unwillig zu sein, sich auf andere Gesprächspartner einzustellen, ignoriert immer schon ihre jüngeren Cousinen, die mir ihr spielen wollen und antwortet recht einsilbig bei Gesprächen. Es wirkt für Aussenstehende sehr desinteressiert (und vielleicht ein wenig überheblich und ichbezogen) und man könnte es als “cooles Teenager-Verhalten” sehen. Ich überlege aber, ob sie evt. auch ein Asperger ist und sich einfach so gut anpassen konnte, dass keiner das in Erwägung gezogen hat, bisher. Auch, da ihr Bruder im Gegensatz deutliche Schwierigkeiten (durch Meltdowns) hatte und sie im Kontrast wenig autistisch wirkte. Könnte das sein?

  7. Ja, das könnte sein! Im letzten Sommer hat sich mein Sohn umgebracht, völlig überraschend, eigentlich…. erst jetzt, im Nachhinein fiel mir auf, daß er eigentlich schon immer merkwürdig war, er wirkte aber eigentlich sozial kompetent bzw. interessiert, war auch Altenpfleger.
    In der letzten Jahren war er merkwürdig spleenig, suchte Fehler an allem und sich. Wirkte öfter unzufrieden und glaubte an Verschwörungstheorien, lebte aber in einer Partnerschaft.
    Ich glaube jetzt dass er unerkannter Autist war und eigentlich immer Schwierigkeiten hatte zurecht zu kommen und das gut versteckt hat.
    Merkwürdiger weise hatte meine Nichte schon vor Jahren vermutet Asperger-Autistin zu sein, weil ihr Berührungen unangenehm sind und sie sich mit sozialen Beziehungen schwer tut.
    Meine Tochter sagt das auch von sich, ist auch sehr leicht gestresst und oft letargisch.
    Mein Vater war auch schon immer komisch, wurde Alkoholiker, war unzufrieden mit sich und dem Leben, hat auch versucht sich das Leben zu nehmen. Auch meine Schwiegermuter versuchte sich das Leben zu nehmen, auch sie wirkte auf mich immer kalt und wenig einfühlsam.
    Mein Ex-Mann, Vater der Kinder, zog sich ab 30 nur noch an den Computer zurück, hatte gar keine sozialen Kontakte mehr, außer über mich.
    Mit seiner neuenFrau hat er 2 autistische Kinder.
    Es gibt eine Häufung in den Familien und gleiches gesellt sich gern!

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