Ich bin cool!

Es ist vermutlich ziemlich uncool zu behaupten, man sei cool. Aber ich finde, ich war vor kurzem extrem cool. Wie viele von euch bestimmt wissen, bin ich kein besonders großer Fan von neuen Orten und Dingen, die ich noch nie ausprobiert habe. Wenn dann noch Veränderungen dazu kommen, kann alles eigentlich nur noch schieflaufen. Vor kurzem kam ich aber in genau so eine Situation und es ist nicht schiefgelaufen und darauf bin ich so stolz.

Ich fange die Geschichte mal von vorne an. Vor ein paar Monaten habe ich für den Depressionsverband in Dänemark einen Artikel über meine Erfahrungen mit Selbstmordgedanken geschrieben. Nachdem mehrere Artikel zu dem Thema erschienen sind, hat ein Fernsehsender sich dazu entschlossen eine Dokumentation zu dem Thema Selbstmord zu produzieren und ich wurde gefragt, ob ich darin mitwirken möchte. Der Plan war, dass eine Gruppe von Leuten, die Erfahrungen mit Selbstmordgedanken haben, sich zu einem Gespräch treffen und das für die Doku aufgenommen wird. Ich wusste sofort, dass ich teilnehmen wollte, weil ich finde, dass das Thema Selbstmord immer noch ein viel zu großes Tabu ist. Aber leider war diese Doku auch mit jeder Menge Herausforderungen verbunden. Die Aufnahmen sollten in einer anderen Stadt stattfinden. Einer meiner Freunde hat mir angeboten mit mir dorthin zu fahren und das war eine wirklich gute Idee. Unser Plan war es am Tag davor hinzufahren, dort zu übernachten, am nächsten Tag zu dem Gespräch zu gehen und wieder heimzufahren. Wenn ich jemanden dabei habe, schaffe ich es ohne Probleme in einer anderen Stadt zu sein. Ich war selbst ein paar Tage davor immer noch nicht allzu nervös. Das hat sich dann aber ganz schnell komplett geändert. Am Tag, bevor wir losfahren wollten, haben sich unsere Pläne nämlich plötzlich geändert und ich musste alleine dort hin. Ich habe erst mal nur geweint, bin in Panik geraten, war nervös und fand die Situation vollkommen unüberschaubar. Ich wusste aber, dass mir die Doku zu wichtig war um abzusagen.

Mein erstes Problem war, dass ich mich nicht entscheiden konnte, wann ich losfahren sollte. Ich wollte nicht in einer fremden Stadt alleine Abend essen. Zu spät wollte ich aber auch nicht ankommen. Ich habe mich also entschieden am frühen Abend loszufahren und im Zug Abend zu essen. Nach der Zugfahrt kamen dann schon die ersten Herausforderungen. Ich musste zweimal umsteigen und das in Stadtteilen, die ich gar nicht kannte. Als ich endlich angekommen bin, war ich erst mal wirklich positiv überrascht. Ich habe nämlich sofort das Hotelgebäude erkennen können. Ich hatte aber ein bisschen Probleme den Eingang zu finden. Es gab dort nämlich keinerlei Schilder. Ich habe eigentlich erwartet, dass ich total nervös werden würde und in Panik geraten würde, aber es war ok. Ich habe keine Ahnung, wie ich so entspannt bleiben konnte. Auf jeden Fall ist alles gut gelaufen. Ich habe den Eingang gefunden, meine Zimmerkarte bekommen und bin endlich in meinem Zimmer angekommen. Ich war so erleichtert und überglücklich. Noch stolzer und glücklicher war ich, als ich am nächsten Morgen im Speisesaal mit allen anderen Hotelgästen ganz normal gefrühstückt habe. Ich kam mir so cool vor. In meinem Kopf sind tausende von Gedanken, wenn ich an einem neuen Ort bin und trotzdem lief alles so unglaublich gut.

Als nächstes musste ich mich auf den Weg zu dem Café machen, wo die Aufnahmen stattfinden sollten. Solange ich mein Handy und Google Maps habe, ist das eigentlich kein allzu großes Problem für mich. Auf Google Street View habe ich aber gesehen, dass man nicht sofort erkennen konnte, wo der Eingang war. Das hat mich ein bisschen unsicher gemacht. Aber so wie alles andere an diesen Tagen, ist auch das gut gelaufen. Ich wurde von der Produzentin begrüßt und den anderen vorgestellt und sie waren alle wirklich sehr sympathisch. Ich habe mich nur ein bisschen komisch gefühlt, weil ein paar von denen sich schon kannten. Und natürlich bin ich auch ziemlich nervös geworden. Immerhin wurde ich noch nie fürs Fernsehen gefilmt und Dänisch ist für mich auch immer tausend Mal schwieriger, wenn ich nervös bin.

Das Gruppengespräch ist ehrlich gesagt dann auch nicht so gut gelaufen, wie ich es mir erhofft hätte. Der Leiter des Gesprächs hat vorher noch gesagt, dass er auf jeden Fall darauf achten würde, dass alle gleich viel reden. Das war wirklich wichtig für mich, weil ich in Gruppen eher wenig sage. Tja, er hat nicht darauf geachtet. Es ist also so gelaufen, dass ich am Anfang noch relativ viel gesagt habe und dann ist es weniger und weniger geworden. Und ich war auch nicht wirklich mit meinem Dänisch zufrieden. Aber nach den Aufnahmen kam auf jeden Fall einer der Kameramänner zu mir und meinte, dass ich zwar wenig gesagt hätte, aber das, was ich gesagt habe, war wirklich gut. Ich hoffe einfach, dass sie das Ganze so schneiden können, dass etwas Gutes dabei rauskommt.

Für den Weg zurück musste ich einen Bus nehmen. Ich finde Züge ok, aber Busse machen mich immer ein bisschen mehr nervös. Aber auch das ist gut gelaufen. Der Bus kam sofort, als ich an der Haltestelle angekommen bin, und das Umsteigen hat auch super geklappt. Als ich im Zug war, war ich dann aber wirklich kaputt. Ich bin in der Früh nämlich um 5 Uhr aufgewacht und konnte nicht mehr schlafen, weil ich Angst hatte, mein Wecker könnte nicht klingeln. Als ich nach ein paar Stunden endlich zu Hause angekommen bin, hatte ich tatsächlich noch Energie um zur Autismus Gruppe zu gehen und mit den Anderen Abend zu essen. Ich habe keine Ahnung, woher ich die Energie genommen habe, aber es war ein wirklich besonderer Tag.

Ich bin nicht wirklich ein besonders großer Fan davon sich zu sehr herauszufordern. Sich hin und wieder ein paar Herausforderungen zu stellen ist sicherlich gut und das sollte man meiner Meinung nach auf jeden Fall machen. Alleine unterwegs zu sein und gefilmt zu werden war aber schon eine extreme Herausforderung. Ich glaube, es ist nicht optimal sich so sehr herauszufordern, aber es ist toll zu sehen, dass ich es kann. Solche Herausforderungen können als Konsequenz haben, dass es mir die Tage danach schlecht geht. Aber ich fühle mich wirklich cool, dass ich es mich trotzdem getraut habe und es gut überstanden habe.

2 Kommentare zu „Ich bin cool!“

  1. So toll wie mutig du warst! Und du hast deine Gedankengänge und Gefühle so gut beschrieben.Ich habe lange mit Menschen mit Asperger gearbeitet. Dein Blog ist so schön und informativ ! habe ihn geteilt, da ich auch denke, dass viele Menschen über das Thema Asperger informiert werden sollen. Mit ganz herzlichem Gruß und den allerbesten Wünschen für deinen weiteren Weg!!!!

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