Fake Behindertenfreundlichkeit?

Ich weiß, dass ich manchmal eine extreme Haltung zu Dingen haben kann. Wenn ich finde, dass etwas nicht ok ist, ist es wirklich nicht in Ordnung und ich kann ziemlich sauer werden. In diesem Fall bin ich eigentlich gar nicht mal so sauer, aber es könnte trotzdem sein, dass viele von euch eine komplett andere Meinung haben.

Ich denke, die Gefühle, die ich in diesem Zusammenhang habe, sind eher Verwunderung und Neugierde. Aber jetzt habe ich lange genug drum herumgeredet. Ihr solltet endlich die ganze Geschichte lesen können.

Kinos und Behindertenausweise
Vor kurzem war ich mit meinem Freund ein paar Tage in Århus, einer Stadt in Dänemark. Wir haben in der Nähe von einem Kino übernachtet und überlegt, ob wir nicht an einem der Abende dort hingehen sollten. Um vorbereitet zu sein, habe ich auf der Internetseite direkt mal geschaut, ob sie Behindertenausweise annehmen.

In Deutschland ist es ja oft so, dass man das Merkzeichen B in seinem Schwerbehindertenausweis braucht, um eine kostenlose Begleitung zu bestimmten Dingen mitnehmen zu dürfen. In Dänemark heißt der Behindertenausweis Begleitausweis. Das heißt, dieser ist genug, um eine kostenlose Begleitung dabei haben zu können, wenn das Kino/Museum/der Freizeitpark etc. Behindertenausweise annimmt.

Auf jeden Fall war ich positiv überrascht, dass dieses Kino in Århus Behindertenausweise annimmt. Das bei uns in der Nähe nimmt sie nämlich nicht an. Wenn man allerdings auf der Internetseite von Århus’s Kino genauer liest, werden plötzlich alle möglichen Ausnahmen genannt.

Die Ausnahmen
Das Kino schreibt auf der Internetseite, dass sie Behindertenausweise annehmen. Allerdings funktioniert das nur bei normalen Vorstellungen. Außerdem muss die Person mit Behinderung ein Ticket zu vollem Preis kaufen, d.h. man kann keine Rabatte bekommen. Und zu allerletzt können die Filmproduktionsfirmen angeben, dass zu bestimmten Zeiträumen bzw. bei bestimmten Filmen Behindertenausweise abgelehnt werden müssen.

Große Verwirrung
Ich war ziemlich überrumpelt bei all diesen Informationen. Vor allem bei den Ausnahmen, die Filmproduktionsfirmen vornehmen können. Wieso sollte man sich dazu entscheiden, dass man bei bestimmten Filmen keine Behindertenausweise akzeptiert? Gibt es etwa Filme, die Menschen mit Behinderung nicht sehen dürfen? Ich war sehr verwirrt. (Das bin ich auch immer noch.)

Was mich allerdings vor allem neugierig gemacht hat, war: Wieso hat das Kino all diese Ausnahmen? Ich nehme an, es geht um Geld, aber wieso investiert das Kino darin Behindertenausweise in bestimmten Situationen anzunehmen, wenn sie dann all diese Ausnahmen haben?

Fake Behindertenfreundlichkeit?
Jetzt kommt der Teil, bei dem viele sicherlich eine andere Meinung haben als ich. Aber ich will meine Überlegungen trotzdem gerne mit euch teilen. Ich finde, es wirkt so, als ob das Kino „fake behindertenfreundlich“ wäre.

Was ich damit meine, ist, dass es so wirkt, als ob sie angeben, dass sie Behindertenausweise annehmen, damit man denkt, sie würden Menschen mit Behinderung die gleichen Möglichkeiten geben wie Menschen ohne Behinderung. Aber dann haben sie all die Ausnahmen, weil sie doch nicht wirklich Geld dafür benützen wollen, um behindertenfreundlich zu sein. Ich kenne natürlich nicht die finanzielle Situation des Kinos und weiß auch nicht, wie viel Geld sie haben. Aber das Kino wirkt wirklich groß und hat auch mehrere Standpunkte in Dänemark. Wieso wollen sie dann nicht etwas mehr Geld in Menschen mit Behinderung finanzieren, damit diese zum Beispiel auch bei Vorpremieren dabei sein können?

Behindertenausweise sind keine Rabattsysteme
Eines der Dinge, das mich am meisten nervt, sind Firmen, die schreiben, dass sie Behindertenausweise annehmen, allerdings nur wenn man als Mensch mit Behinderung ein Ticket zu vollem Preis kauft. Die Firmen denken sicherlich, dass man nicht zwei Rabatte miteinander kombinieren kann. Aber Behindertenausweise sind keine Rabattsysteme.

Es geht darum, dass Menschen mit Behinderung nicht die Möglichkeit haben, an bestimmten Dingen teilzunehmen, wenn sie keine Begleitperson dabei haben können. Es klingt vielleicht falsch, aber in diesem Moment ist die Begleitperson kein Teilnehmer der Veranstaltung sondern eher ein „Hilfsmittel“ für die Person mit einer Behinderung. Man sollte Behindertenausweise annehmen, weil man Menschen mit Behinderung gleichstellen will und nicht, weil man ihnen einen Rabatt geben möchte.

Annahme von Behindertenausweisen – etwas Freiwilliges
Soweit ich weiß, ist es eine komplett freiwillige Entscheidung von Firmen, ob sie Behindertenausweise annehmen oder nicht. Dabei meine ich Museen, Kinos usw. Bei öffentlichen Verkehrsmitteln zum Beispiel sieht das eventuell anders aus. Auf jeden Fall kann ich verstehen, dass es freiwillig ist, weil es mit eventuell recht hohen Kosten verbunden sein kann. Aber ich finde, wenn eine Firma genug Geld hat, sollten sie wirklich überlegen Behindertenausweise anzunehmen. Immerhin gibt dies Menschen mit Behinderung eine Chancengleichheit.

2 Kommentare zu „Fake Behindertenfreundlichkeit?“

  1. Soweit ich weiß bekommen die Filmproduzenten 100% der Eintrittseinmahmen und die Kinos machen ihr Geld nur durch die Snacks…

    Deshalb haben die Produzenten wahrscheinlich auch das Recht darauf, das zu verbieten…

  2. In der Sache stimme ich dir zu. Allerdings ist ein Kino ja ein Privatunternehmen, es handelt sich nicht um eine staatliche oder staatlich subventionierte Einrichtung oder Lebensnotwendiges. Benachteiligt sind auch Arbeitslose/Geringverdiener, also mehr Teilhabe zu fordern, heißt kapitalistisches Denken zu bekämpfen, nicht bloß Behindertenlobbyismus …

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert