Frauen schauen sich viel ab

Als ich von meiner Psychologin die Zusammenfassung von den Asperger Tests bekommen habe, hat sie mir erzählt, dass es oft schwierig ist das Asperger-Syndrom bei Mädchen und Frauen zu erkennen. Sie sind einfach besser darin, sich Verhalten bei anderen abzuschauen und es nachzumachen. Dadurch wirken sie so wie alle anderen und das Asperger Syndrom bleibt oft unbemerkt. Der Unterschied ist nur, dass das „richtige“ Verhalten von Leuten mit Asperger antrainiert werden kann, es sich meistens aber nicht natürlich anfühlt.

Ich kenne das Gefühl gut. Ich war zum Beispiel früher Turntrainerin. Viele fragen mich jetzt, wie ich das überhaupt geschafft habe, weil man immerhin mit vielen Leuten zusammen ist und es etwas ganz Neues für mich war. Es war aber eigentlich gar nicht so schwierig für mich, weil ich ganz langsam erst den anderen Trainern geholfen habe und gelernt habe, was ich machen soll. Ich wusste dann genau, wie ich mich verhalten musste, weil ich es mir bei den anderen abschauen konnte. Solche Situationen kennen bestimmt auch viele, die keinen Autismus haben. Ich würde sagen, man kann sich Asperger so vorstellen, dass man sich eben nicht nur bei neuen Jobs Verhalten abschauen und lernen muss sondern auch in ganz normalen Alltagssituationen.

Man lernt dazu

Ich war vor ein paar Monaten bei einem Treffen für junge Erwachsene und am Anfang hat niemand was gesagt. Ich selbst hatte keine Ahnung, was ich zu halb fremden Leuten hätte sagen sollte. Eine der Freiwilligen hat uns dann gefragt, wie unser Wochenende war. Da habe ich also gelernt, dass man genau so eine Frage stellen kann. Das heißt jetzt frage ich auch öfters danach, aber es fühlt sich einfach nicht natürlich an. Es ist eher so, dass ich merke, dass ich etwas sagen sollte und dann überlege, welche Themen oder Fragen ich zur Auswahl habe. Das funktioniert bei mir nicht automatisch, sondern ich muss einen Schritt nach dem anderen durchdenken.

Für mich ist es aber nicht nur wichtig jemanden in bestimmten Situationen dabei zu haben um mir das richtige Verhalten abzuschauen, sondern auch weil ich neue Situationen hasse. Als ich zum Beispiel das erste Mal ins Fitness gegangen bin, hatte ich eine Freundin dabei. Ohne sie hätte ich total die Panik bekommen, wo ich hingehen muss und wie die Geräte funktionieren und und und. Alleine wäre ich sicher nicht hingegangen.

Das war bei mir auch schon früher in der Schule so. Selbst wenn wir nur Unterricht in einem Klassenzimmer hatten und ich mir nicht ganz sicher war wo, musste ich immer Freunden folgen. Ich glaube, dass es in vielen Situationen relativ normal ist, nervös vor unbekannten Situationen sein. Das extreme bei mir ist nur, dass ich viele Situationen einfach umgehe oder Dinge nicht mache, weil ich mich zu unwohl dabei fühle.

13 Kommentare zu „Frauen schauen sich viel ab“

  1. Hallo, liebe Nici!

    Vielen Dank für den Beitrag. Das kenne ich nur zu gut.
    Neue Situationen bringen so viele Fragen mit sich: Was mache ich? Was sage ich? Was darf ich nicht sagen/tun?
    Ich habe diese Situationen nur durch Nachahmung “überlebt”. Stur geguckt, was die anderen machen und das Gleiche nachgemacht. Wie ein Roboter. Sah sicherlich nicht sehr spontan und natürlich aus)))

    LG

    1. Hi Tanja,
      Ja genau! Es wäre einfach am besten, wenn es so eine Art Gebrauchsanweisung für solche Situationen geben würde 😉
      Liebe Grüße,
      Nici

  2. Hallo Nici,

    Ja, das kommt mir alles sehr bekannt vor was du schreibst. Ich entdecke mich voll und ganz wieder und das hilft mir sehr.

    Liebe Grüße

    NICKI

  3. Hey,.
    ich erkenne mich hier voll und ganz wieder. komisch ist es schon, aber ich will entlich für mich wissen warum ich anders bin wie andere. seit mein mann und sein bseter freund die diagnose haben, frage ich mich des öfters schon obv ich es auch habe,… da wir frauen anders erzogen sind als männer,… er meint ich bin es nicht, aber ich seh mich ihn dir wieder,…. komisch ist e schon,….

    1. Liebe Nicole,
      wenn es dir wirklich sehr wichtig ist, könnte es eine gute Idee sein dich testen zu lassen.
      Männer und Frauen können sehr unterschiedliche Symptome zeigen. Da kann es schwer sein sich gegenseitig als Autist zu erkennen.
      Liebe Grüße,
      Nici

  4. Liebe Nici,

    seit ich klein bin weiß ich das ich anders bin. Wir wussten nie warum. Ich bin 33 und seit mein Sohn darauf getestet wird befasse ich mich sehr mit dem Thema. Dabei stieß ich auf die Seite und bemerke das du mein Leben beschreibst mit kleinen Abweichungen 🙂
    Werde mich mal testen lassen!
    Danke dir!

    Liebe Grüße Jazzy

    1. Hi Jazzy,
      Es ist wirklich schade, dass bei Frauen die Diagnose oft so spät gestellt wird. Ich habe schon so oft davon gehört, dass Frauen erst eine Diagnose bekommen, wenn bei ihren Kindern Autismus festgestellt wird. Ich hoffe, es hilft dir dich mit dem Thema zu beschäftigen.

      Liebe Grüße
      NIci

  5. Wow, danke für deine Artikel. Ich finde mich in vielem wieder, was du schreibt.
    Ich bin jetzt bald 32 Jahre. Seit ich 15 bin, versuche ich herauszufinden, warum ich anders bin.
    Durch meine Tochter bin ich jetzt auf das Thema Autismus gekommen und muss feststellen, dass wir es wohl beide haben.

  6. Seit ich mich mit Autismus befasste, hinterfrage ich mein Verhalten und Empfinden sehr stark. Ich fürchte, dass ich mein Leben lang so erfolgreich gespielt habe (meine Mutter war da sehr dahinter “bloß nicht auffallen!”), dass ich es selbst glaubte bzw mich dadurch selbst verloren habe. So langsam grabe ich nun meine Persönlichkeit wieder raus. Verstehst du, was ich meine?

    1. Mir geht es genau so. Alles erlernte suited mich nicht.
      Ich lerne mich neu kennen, horche in mich hinein, höre mehr auf meinen Bauch.

  7. Ich empfinde es als witzig und befreiend dass andere auch schreiben sie beschäftigen sich mit dem Thema weil es relevant für ihre Kinder ist und dann selbst das Gefühl haben, sich wieder zu erkennen.
    Genau wie bei mir. Wir denken mein Sohn könnte eine spektrumstörung haben und ich lese also sehr viel darüber und stelle ebenfalls fest, dass es zu mir passen könnte. Bei wem kann man sich testen lass

  8. Hallo

    Früher hatte ich auch immer das Problem, das ich nicht immer wusste wohin ich muss und folgte oft anderen Kindern in die Klassenräume, oder wenn außerhalb etwas anstand, und deswegen verscheuchte man mich auch oft.

    Oder ich wusste nicht immer, wann das Sportfest beginnt. Ich hatte deswegen schon geschwänzt. Situationen die mir unangenehm sind, melde ich auch gerne.

    LG Susanne

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