Gespräche kann man lernen

Als Kind habe ich so gut wie gar nicht mit Fremden geredet. Sogar bei Familienfeiern mit entfernten Verwandten habe ich mich hinter meiner Mama versteckt und nur sehr knapp auf Fragen geantwortet. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kann es gut sein, dass es daran lag, dass ich nicht wusste, was ich sagen soll und wie man überhaupt ein Gespräch führt. Am schwierigsten habe ich mir schon immer mit Small Talk getan. Als ich noch in Deutschland gewohnt habe, musste ich auch nicht so oft mit Fremden reden. Ich hatte meinen Freundeskreis und meine Familie und habe sonst nie wirklich viele neue Leute kennengelernt.

Als ich dann nach Dänemark gezogen bin, hat sich das total geändert. Ich war plötzlich an einer Schule mit 40 anderen Schülern, die ich nicht kannte. Alle 3 Monate sind wieder neue Schüler dazu gekommen. Als ich dann zum Studieren angefangen habe, habe ich am Anfang natürlich auch niemanden gekannt. Selbst bei meinem Job gibt es immer wieder Gäste, die sich mit einem unterhalten wollen.

Das heißt, ich wurde hier in Dänemark viel mehr herausgefordert, aber ich hatte auch etwas, das mir geholfen hat: Dänisch. Bevor ich nach Dänemark gekommen bin, habe ich so viel Dänisch wie möglich gelernt, aber so richtig unterhalten konnte ich mich dann erst nach ein paar Monaten hier. Ich habe oft ganze Dänische Sätze anstatt einzelne Wörter gelernt. Und das ist genau das, was mir mittlerweile in Gesprächen hilft. Ich habe die richtigen Sätze oder Reaktionen für Unterhaltungen wie Vokabeln auswendig gelernt. Dadurch tue ich mir mittlerweile sogar bei Small Talk leichter. Es sind oft diese kurzen Sätze, die man einfach braucht um dem anderen zu zeigen, dass man an dem Gespräch interessiert ist.

Ich versuche mal euch ein paar Beispiele zu geben, aber wundert euch nicht, wenn die übersetzt auf Deutsch nicht so perfekt klingen. Auf Dänisch sind es gute Antworten 😉
Ich habe zum Beispiel gelernt, dass ich „Das verstehe ich gut“ sagen kann, wenn andere sagen, dass sie genervt sind. Oder wenn jemand von etwas Positivem erzählt, ist „Wow, das ist cool“ eine gute Antwort. Dann gibt es natürlich auch noch kurze Reaktionen wie „Echt?“, wenn jemand etwas Überraschendes erzählt.

Für Leute ohne Asperger, klingt es vermutlich ziemlich verrückt, wenn ich erzähle, dass ich solche Sätze gelernt habe. Für die ist es vollkommen normal, mit passenden Sätzen in Gesprächen zu reagieren. Aber so einfach ist es für viele mit dem Asperger-Syndrom nicht. Autisten müssen oft tatsächlich lernen, was man antworten kann.

Manches ist immer noch schwer

Mit bestimmten Dingen tue ich mir allerdings immer noch schwer. Ich habe oft nicht nur Probleme damit eine Unterhaltung anzufangen, sondern auch damit sie wieder zu beenden. Wenn ich zum Beispiel mit jemandem telefoniere, wie schaffe ich es dann dem anderen klar zu machen, dass ich auflegen will?
Oder noch schwieriger: Wenn ich jemanden zu Besuch habe, wie kann ich dem anderen dann zeigen, dass ich gerne hätte, dass er wieder heimgeht?

3 Kommentare zu „Gespräche kann man lernen“

  1. Am Telefon, wenn du auflegen willst: “Es hat mich gefreut mit dir/Ihnen zu sprechen, leider muss ich los. Einen schönen Tag/Abend noch. Tschüss.”

    Oder:” Es hat mich gefreut mit dir/Ihnen zu sprechen, leider muss ich los. Wir bleiben im Kontakt. Tschüss.”

    Wenn du jemanden zu Besuch hast: “Es ist spät, morgen habe ich (oder: erwartet mich) einen anstrengenden Tag, ich muss schlafen gehen.”

  2. Ich musste eine ehemalige Freundin ghosten, weil ich nicht wusste, was ich sagen soll, warum ich die Freundschaft beende ohne sie zu verletzen :/

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