Medien haben eine Verantwortung

Ich habe schon oft erlebt, dass es schwierig ist verstanden zu werden, wenn man eine Behinderung hat. Die meisten wissen einfach nicht genug über Behinderungen oder waren noch nie in Berührung mit jemandem mit einer Behinderung. Deswegen finde ich, dass es unglaublich wichtig ist über Behinderungen aufzuklären. Die größte Rolle spielen dabei meiner Meinung nach Medien.

Meine persönliche Meinung

Dieser Text basiert fast ausschließlich auf meiner persönlichen Meinung. Ich bin mir also ziemlich sicher, dass wir uns nicht alle einig sind. Wenn ihr etwas anders seht, würde ich mich freuen, wenn ihr eure Meinung auch mit mir teilen würdet.

Unterschiedliche Verantwortung je nach Zielgruppe
Ich finde, sobald eine Behinderung in den Medien erwähnt werden, haben Medien eine gewisse Verantwortung dafür auch über diese Behinderung aufzuklären. Wie gesagt, das ist nur meine eigene persönliche Meinung. Wenn man in einem Fachartikel zum Beispiel über einen Autisten berichtet, kann man davon ausgehen, dass die Leser mit Autismus vertraut sind. Sobald sich Medien allerdings an die breite Allgemeinheit wenden, finde ich, dass es unbedingt notwendig ist über die Behinderung aufzuklären. Man kann nicht erwarten, dass alle Menschen über alle Behinderungen Bescheid wissen.

Intentionen von Medien

Wenn man eine Behinderung im Rahmen eines Films oder Artikels erwähnt, finde ich, dass sich Medien auch darüber bewusst sein sollten, wieso sie die Diagnose nennen. Manchmal kommt es mir so vor, als würden Filme zum Beispiel Autisten darstellen um etwas Lustiges mit rein zu bringen. Ich finde es komplett verkehrt sich über Autisten lustig zu machen. Behinderungen sind ein sensibles Thema und persönlich finde ich es nur in Ordnung, wenn meine Freunde oder Familie Witze über meinen Autismus machen.

Medien sollten meiner Meinung nach nicht Autisten zum Unterhalten von anderen benutzen.
Wenn die Diagnose wichtig für den Zusammenhang des Textes, ist es selbstverständlich vollkommen in Ordnung die Behinderung zu nennen, aber dann muss man meiner Meinung nach das Thema Behinderungen auch verantwortungsbewusst handhaben. Das Gleiche gilt dafür, wenn zum Beispiel Dokumentationen von einer bestimmten Behinderung handeln und darauf aufmerksam gemacht werden soll.

Markus, 35 Jahre, Kind – In der Welt eines Autisten

Was ich unter verantwortungsbewusster Handhabung von dem Thema Behinderungen verstehe, will ich hier an einem Beispiel zeigen. Leider ist es meiner Meinung nach ein negatives Beispiel. Ich habe vor Kurzem nämlich die Dokumentation “Markus, 35 Jahre, Kind – In der Welt eines Autisten” von dem Sender WDR gesehen. Ich teile den Link zu der Dokumentation unter diesem Beitrag.

Gute Repräsentation der Diagnose
Wenn eine Dokumentation gedreht wird, sollte sie meiner Meinung nach so produziert sein, dass man sich in der Darstellung der Behinderung zumindest ein bisschen wiederfinden kann, wenn man die gleiche Diagnose hat. Alle Autisten sind unterschiedlich. Das bestreite ich nicht. Aber wir müssen alle irgendwelche ähnlichen Symptome haben, sonst hätten wir nicht die gleiche Diagnose. Wenn ich mich also als Autistin nicht ein kleinstes bisschen in Markus von der WDR Dokumentation wiederfinden kann, frage ich mich, ob sein Autismus nicht komplett unvollständig dargestellt wurde.

Kein Fokus auf Autismus
Ich sehe das Problem darin, dass in dieser ca. 45-minütigen Dokumentation nicht mal 5 Minuten dazu gebraucht werden um zu erklären, welche Symptome Markus überhaupt hat. Wenn seine Diagnose schon im Titel erwähnt wird, sollte doch ein bisschen Fokus darauf gerichtet werden. Ich habe in der Doku absolut nichts über Autismus lernen können, weil mir als Zuschauerin nicht gezeigt wird, welche seiner Verhaltensweisen überhaupt mit dem Autismus zusammenhängen. Wenn ich vorher nichts über Autismus gewusst hätte und mich jetzt jemand fragen würde, ob ich erklären könnte, was Autismus ist, wüsste ich wirklich nicht, was ich antworten sollte.

Klare Differenzierung zwischen verschiedenen Themen

Ich finde es auch schwierig ein komplett anderes bedeutendes Thema in die Dokumentation mit aufzunehmen, wenn man nicht klar darstellt, dass dieses andere Thema nicht unbedingt mit dem ursprünglichen Thema zusammenhängt. Markus bezeichnet sich selbst in der Sendung als Schwester von einer anderen Frau. Er sieht sich also selbst als Frau. Es ist toll auch auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Das finde ich wirklich gut, aber man muss das meiner Meinung nach klar von seiner Diagnose differenzieren.

Korrekte Informationen

Ich erlebe oft, dass Medien Autismus als Krankheit bezeichnen. Ich versuche wirklich immer sehr verständnisvoll zu sein, aber bei diesem Thema fehlt mir jederlei Verständnis. Wenn Journalisten oder Reporter über Autismus berichten möchte, wieso können sie dann nicht genug recherchieren um zumindest herauszufinden, dass Autismus keine Krankheit ist? Das ist wirklich nicht schwer.

Markus bezeichnet in der WDR Dokumentation Autismus nicht direkt als Krankheit. Er bezeichnet allerdings Menschen ohne Behinderungen als “gesund”. Es kann gut sein, dass er darüber gar nicht nachgedacht hat. Jeder kann sich mal unpassend ausdrücken. Aber dann haben die Macher der Dokumentation meiner Meinung nach die Verantwortung das Material nach Korrektheit zu prüfen. Wenn man Menschen ohne Behinderung als gesund bezeichnet, wir direkt darauf geschlossen, dass wir anderen krank sind. Und das sind Autisten nicht.

Ich persönlich hätte diesen Teil der Doku also eher weggelassen. Man muss meiner Meinung nach einfach sehr vorsichtig mit dem Thema Autismus umgehen, weil es schon so viele Vorurteile gibt, mit denen wir Autisten Tag für Tag konfrontiert werden. Medien sollten uns dabei helfen Vorurteile zu beseitigen, indem sie korrekte Informationen wiedergeben. In der Dokumentation sagt Markus zum Beispiel auch, dass ein Autist jemand ist, der eine Inselbegabung hat. Tatsächlich gibt es aber nur einen winzigen Prozentteil von Autisten, die auch eine Inselbegabung haben.

Stereotypen

Markus ist Autist. Einer von vielen. Wir sind alle unglaublich verschieden, genauso verschieden wie Neurotypische (Menschen ohne Autismus) auch. Ich finde es gut für Markus, dass über ihn und seinen Autismus berichtet wird. Vielleicht wird er dadurch von anderen besser verstanden. Ich frage mich nur, wieso Medien immer wieder die Autisten für Berichte wählen, die perfekt zu dem typischen Autismus Stereotypen passen. Wieso wird zum Beispiel so selten von nonverbalen Autisten berichtet? Von denen gibt es auch so viele. Man könnte auch von Autisten berichten, die nach außen hin wirklich gut “funktionieren”, aber im Verborgenen Probleme haben.

Sind Medien eventuell eher daran interessiert bestehende Stereotypen zu behalten und Zuschauer bzw. Leser zu unterhalten anstatt ihnen etwas Neues beizubringen? Sind Autisten, die nach außen hin gut “funktionieren” zu Langweilig um in Sendungen gezeigt zu werden? Kriegt man mit ihnen eine nicht so hohe Zuschauerquote? Ich kenne die Antwort zu diesen Fragen nicht, aber ich stelle mir die Fragen immer wieder, wenn Medien die Gelegenheit versäumen davon zu berichten, wie groß das Autismus Spektrum ist.

Enttäuscht von der Dokumentation

Ich bin persönlich von der Dokumentation “Markus, 35 Jahre, Kind – In der Welt eines Autisten” enttäuscht. Ich finde nicht, dass WDR verantwortungsbewusst mit dem Thema Autismus umgegangen ist. Wünschen würde ich mir, dass Medien darüber berichten würden, wie breit das Autismus Spektrum ist. Mir fehlt in dieser Doku definitiv Aufklärung über die Diagnose Autismus. Wenn ich in einem Referat in der Schule einen Fachbegriff erwähne, muss ich ihn auch erklären. Sonst kriege ich sicherlich keine gute Note. Ich sehe Autismus genauso als Fachbegriff. Immerhin wissen nicht alle über Autismus Bescheid. Deswegen muss der Begriff auch erklärt werden.

Link zu „Markus, 35 Jahre, Kind – In der Welt eines Autisten“
Hier ist der Link zu der Dokumentation “Markus, 35 Jahre, Kind – In der Welt eines Autisten” in der WDR Mediathek. https://www1.wdr.de/mediathek/video/podcast/channel-menschen-hautnah-100.html
Wenn die Sendung nicht mehr in der Mediathek online ist, könnt ihr das Video auch auf YouTube finden. Dort ist die Qualität nur schlechter.

4 Kommentare zu „Medien haben eine Verantwortung“

  1. Katja Arnecke

    Hallo Nicole,
    Danke für Deinen Artikel! Es ist ein sehr lästiges Phänomen, das Du hier beschreibst: das Widerkäuen von Stereotypen. Und Du hast völlig Recht, wenn Du da die Verantwortung bei den Medien siehst. Der neutrale, nichtbetroffene Konsument sieht sein Bild bestätigt, das er schon vorher hatte. Der Produzent einer solchen Sendung aber hätte dieses Bild durchaus größer malen sollen!

    1. Hi 🙂
      Ich habe das bei mir ja auch selbst gesehen. Ich habe mir Autisten früher auch immer ganz anders vorgestellt. Und das lag an den Sachen, die ich von den Medien gesehen habe.

      Nici

  2. Hallo Nici,

    ich bin mir fast zu 100% sicher, dass es sich hierbei um eine „Fake“-Dokumentation des Satirikers Jan Böhmermann handelt. Der „Autist“ scheint derselbe Schauspieler zu sein, welcher in der damaligen Sendung „Schwiegertochter gesucht“ den Robin gespielt hat. Die Handlung und Dialoge sind zu offensichtlich.

    LG Maik

    1. Haha, mein Papa sagt bei solchen Sendungen auch immer, dass sie bestimmt Fake sind 😉 Aber das wäre schon wirklich gemein… 90% der Leute glauben ja, dass das alles so stimmt.

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