Ich kann nicht mehr – Asperger und Depression

Dies ist sicherlich einer der schwierigsten Blogbeiträge, den ich jemals geschrieben habe. Das liegt daran, dass ich einfach nicht die Energie dafür finden kann ihn zu schreiben. Ich will wirklich gerne mit euch teilen, was gerade in meinem Leben passiert, aber jedes Mal, wenn ich auch nur eine Linie schreibe, kann ich plötzlich nicht mehr. Es kommt mir unmöglich vor meine Geschichte in Worte zu fassen. Ich denke, durch den Titel des Blogbeitrags könnt ihr euch schon denken, was mich zurückhält – eine Depression.

Wie das Ganze angefangen hat
Vielleicht habt ihr durch Facebook oder einen meiner anderen Beiträge schon mitbekommen, dass ich im Moment ein Praktikum mache. Das ist Pflicht in meinem Studium. Normalerweise macht man drei Monate ein Vollzeitpraktikum. Ich habe zum Glück die Möglichkeit bekommen nur 20 Stunden pro Woche zu arbeiten und das über sechs Monate. Ich war wirklich nervös, bevor ich mein Praktikum angefangen habe, aber es lief am Anfang doch eigentlich recht gut. Ich habe total liebe Kollegen, einen tollen Arbeitsplatz und wirklich spannende Aufgaben. Das klingt alles so, als ob man es locker schaffen könnte, nicht wahr?

Die ersten Anzeichen
Schon nach der ersten Woche kamen trotzdem ein paar Zeichen, dass es doch nicht so gut lief. Ich war wirklich kaputt jeden Tag. Ich habe angefangen am Nachmittag zu schlafen und weniger zu unternehmen, um Energie zu sammeln. Ich dachte, das wäre normal und würde mit meinem Asperger-Syndrom zusammenhängen. Ich tue mir immer mit neuen Dingen schwer und brauche Zeit, um mich an Veränderungen zu gewöhnen. Alle, mit denen ich geredet habe, meinten auch, dass es ganz normal sei nach der Arbeit erschöpft zu sein. Ich nehme an, zu dem Zeitpunkt war es auch noch recht normal. Ich hatte zwar keine Energie, aber ich hatte trotzdem noch Lust Dinge zu unternehmen. Das hat sich leider mit der Zeit verändert.

Wie es weiterging
Am Anfang habe ich mich selbst dazu entschieden weniger zu unternehmen, um mehr Energie für wichtige Dinge zu haben. Aber später hat mir auch nichts mehr wirklich Spaß gemacht. Ich habe das Interesse an fast allem verloren. Nach der Arbeit habe ich fast immer den Rest des Tages im Bett verbracht. Ich habe entweder geschlafen oder Filme angeschaut. Dann kam irgendwann ein Wochenende, an dem ich nicht mal mehr genug Energie hatte, um einen Film anzuschauen. Da habe ich gemerkt, dass etwas nicht stimmt und dass ich Hilfe brauche, um herauszufinden, was mit mir los ist. Ich habe zum Glück schnell einen Termin bei meinem Psychiater bekommen.

Meine Symptome
Ich habe so viele verschiedene Symptome, dass ich sie alle aufgeschrieben habe, um einen Überblick zu haben. Ich habe euch ja schon von der mangelnden Energie erzählt und davon, dass mir so gut wie nichts mehr Spaß macht. Das sind vermutlich die schlimmsten Symptome. Was mich aber auch sehr nervt, ist, dass ich oft weine, meine Angststörung wieder schlimmer geworden ist und mir ständig schlecht ist. Ich tue mir auch schwer mich zu konzentrieren und Entscheidungen zu treffen. Das ist natürlich nicht gerade das Beste, wenn ich arbeiten muss. Ich habe noch jede Menge andere Symptome, aber ich will hier ja nicht die ganze Seite füllen.

Autismus oder Depression?
Als ich all meine Symptome aufgeschrieben habe, habe ich schon gemerkt, dass es so aussah, als ob ich „Depression“ gegoogelt hätte und alle Symptome kopiert hätte. Aber ich war mir trotzdem unsicher, ob es wirklich eine Depression war oder ob meine mangelnde Energie durch meinen Autismus entstanden ist und alles dadurch ausgelöst wurde. Ich bin natürlich auch kein Arzt, das heißt, ich kann mich sowieso nicht selbst diagnostizieren. Wie gesagt habe ich ja zum Glück recht schnell einen Termin bei meinem Psychiater bekommen und der konnte mir ein paar Antworten geben. Er meinte, dass es tatsächlich so aussieht, als ob ich eine Depression habe. Das heißt, jetzt bekomme ich wieder Antidepressiva und hoffe, dass die Medizin schnell hilft.

Wie es mit meinem Blog weitergeht
Generell ist es nicht gerade einfach einen Blog am Laufenden zu halten, aber ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass es im Moment noch viel schwieriger für mich ist. Vielleicht habt ihr ja auf Facebook gesehen, dass ich Leute gesucht habe, die einen Gastbeitrag schreiben wollen. Diese werde ich in den nächsten Wochen höchst wahrscheinlich mit euch teilen.

Einerseits ist das eine Hilfe für mich, weil ich mich etwas zurückziehen kann und andererseits finde ich Gastbeiträge generell super, weil sie nochmal eine andere Perspektive zeigen als nur meine. Wundert euch also nicht, wenn ihr in den nächsten paar Wochen mehr Gastbeiträge als sonst seht. Ich hoffe, dass ich bald wieder bereit bin auch eigene Beiträge zu schreiben und dass euch in der Zwischenzeit die Gastbeiträge gefallen.

7 Kommentare zu „Ich kann nicht mehr – Asperger und Depression“

  1. Liebe Nici,
    mir geht es ähnlich, doch habe ich etwas mehr Energie, auch wenn diese regelmäßig an ihr Ende stoßt, dennoch denke ich an dich undsende dir regelmäßig etwas von meiner Energie. Möge sie ankommen und dich in deiner schweren Zeit unterstützen.
    Liebe Grüße.

  2. Als Betroffener von Asperger, weiss ich um die besonderen Herausforderungen sei es im Beruf , im Freundeskreis oder in der Liebe.

    Zumindest für letzteres wollte ich einen kleinen Beitrag leisten, indem ich eine kostenlose Kennenlern Plattform ins Leben gerufen hab. Wer Interesse hat :

    https://www.liebes-nest.de

    Wiegesagt kostenlos

    LG
    Thomas

  3. Interessanter Beitrag! Vermutlich ist es so, dass auslaugende Aktivitäten nach und nach die (mentalen) Energiereserven auszehren, wenn nicht genug kraftspendender Ausgleich vorhanden ist. Die Depression ist dann vielleicht sogar ein Schutzmechanismus, weil man die Signale aus dem Inneren einfach übergangen und überhört hat. Die Depression zwingt einen zur Auseinandersetzung, da man nicht einfach so weitermachen kann. Und oft verschwinden die negativen Gedanken oder plötzlich spürt man neue Kraft, wenn man mal einen Tag erlebt, der genau zu den eigenen Bedürfnissen passt und sie erfüllt. Vielleicht passt dein Praktikum vom Aufbau und Ablauf her einfach nicht zu deinen Bedürfnissen mit Asperger. Ich bin mittlerweile auf EM-Rente und stelle auch fest, dass sowohl ein normaler Berufsalltag als auch das nutzlose Herumhocken und Ausgegrenztsein deprimierend sind und ich vermutlich bald an dem Punkt bin wie du, wenn ich nicht aktiv etwas an einem Alltag und Lebensstil ändere. Das Hauptproblem daran ist, dass man sich gegen Widerstand von Erwartungen anderer losmachen muss, teilweise auch internalisierten Erwartungen. Z. B. können 20h/Woche extrem viel sein, wenn das 20 kraftzehrende Stunden sind, die man gegen seine eigene Natur funktionieren muss. Da ließe sich vielleicht etwas an den Rahmenbedingungen ändern, ohne die Arbeitsinhalte selbst anzutasten?
    Alles Gute für dich! Falls du mal einen Gastbeitrag zu einem Thema möchtest, ich habe viel Zeit ….

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